„Über uns steht das Bild des Segnenden Christus“: Heute ist der 80. Todestag von Jochen Klepper

Heute ist der 80. Todestag von Jochen Klepper (* 22. März 1903, † 11. Dezember 1942), seiner Frau Johanna („Hanni“) und seiner 20-jährigen Stieftochter Renate („Reni“). In seinen Tagebüchern hat er die letzten dramatischen Ereignisse festgehalten:

Mittwoch, 9. Dezember 1942

[Herrnhuter Losung:] Wenn des Menschen Sohn kommen wird, meinst du, dass er auch werde Glauben finden auf Erden? (Lukas 18,8)

Vormittags wurde Hanni zu Almqvist auf die Schwedische Gesandtschaft bestellt, um alle ihre Personalien einzutragen. Nachmittags war ich bei Eichmann vom Sicherheitsdienst, nachdem Ministerialrat Draeger am Vormittag alles vorbereitet hatte. Er glaubte, Eichmann werde die Genehmigung erteilen; er wolle die Sache rasch betreiben. Auch Eichmann fragte nach der sofortigen Ausreise. Das deutet auf neue, drohende Maßnahmen. Morgen soll ich endgültigen Bescheid bekommen. Es muss noch festgestellt werden, ob sicherheitspolizeiliche Bedenken gegen Reni vorliegen.

E: „Ich habe noch nicht mein endgültiges Ja gesagt. Aber ich denke, die Sache wird klappen.“ Unter Androhung sicherheitspolizeilicher Maßnahmen stehe ich nun unter strengem Schweigegebot über die nun folgenden Schritte im Falle der Ausreise.

Ich war nun in der Welt meiner Träume, es waren die Menschen, die Stimmen, die Räume –. Dort, dort liegt die Macht.

Die Frage, ob Hanni im Lande bleibt, wurde gestellt. Ich: „Die Situation meiner Frau überblicke ich noch nicht.“ E.: „Eine gemeinsame Ausreise würde nämlich nicht gestattet.“ Rätsel um Rätsel. Und das Ganze so unbegreiflich: ein Mann in meiner Lage bei Frick, beim Sicherheitsdienst –. …

Diese stillen, stillen, dunklen, trüben Tage. So lind, so voller Trauer des Himmels.

„Wenn der Herr die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden.“

Noch ein Tag so qualvollen Wartens. Und doch geht alles so rasch –.

 

Donnerstag, 10. Dezember 1942

Nachmittags die Verhandlung auf dem Sicherheitsdienst.
Wir sterben nun – ach, auch das steht bei Gott –
Wir gehen heute Nacht gemeinsam in den Tod.
Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des Segnenden Christus, der um uns ringt.
In dessen Anblick endet unser Leben.

 

(aus: Jochen Klepper, Unter dem Schatten deiner Flügel. Aus den Tagebüchern der Jahre 1932-1942, Stuttgart 1956, S. 1132-1133).