Dr. Werner Thiessen

…  bis zum Ruhestand 2019 Dekan in der Nähe von Nürnberg, vorher evang. Pfarrer in Altötting, Studienleiter in Erlangen und vieles mehr …

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Zu erreichen bin ich über E-Mail:
werner1032 [at] gmx.de

Ein empfehlenswerter Link: www.beate-thiessen.de 

Es geht weiter wie bisher …

„Neuer Rekord bei Austritten“ meldete die Süddeutsche Zeitung am 7. März 2023: „Die Mitgliederzahl der evangelischen Kirche sinkt weiter stark. Wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) mitteilte, sank die Zahl der Gläubigen in den 20 Landeskirchen zum Jahreswechsel auf 19,15 Millionen – etwa 575 000 weniger als im Vorjahr. Grund für die starken Verluste sind vor allem Kirchenaustritte und Sterbefälle. In diesem Jahr übertraf die Zahl der Austritte erstmals die Zahl der Sterbefälle. 380 000 Menschen traten aus, 100 000 und damit gut 35,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Sterbefälle blieb mit 365 000 ungefähr auf dem Niveau des Vorjahrs. Die Zahl der Kirchenaustritte überstieg die Zahl aus dem Jahr 2021 noch einmal um rund 40 000, damit lag die Austrittsquote bei 1,9 Prozent – ein Rekordwert.“

Das Dilemma

Heribert Prantl kommentierte (SZ vom 8. April 2023): „Wer aus der Kirche austritt, der tut es nicht, weil er über Nacht Atheist geworden ist; er tut es, weil er in der Kirche nicht oder nicht mehr das findet, was er sucht: Schutz, Halt, Trost und Freude.“ – Und hinzufügen möchte ich: Weil er oder sie keinen Bezug mehr zu den Inhalten des christlichen Glaubens hat, wie ihn die Kirche vertritt.

Das Defizit

Die geringer werdenden Bezüge zu den Inhalten des christlichen Glaubens hat Thomas Petersen vom Institut für Demoskopie Allensbach in einer groß angelegten Untersuchung bestätigt. Er schreibt (FAZ vom 22.12.2021): Beobachten lässt sich in Deutschland „bereits seit Jahrzehnten eine Erosion des Christentums …, die langsam, aber beharrlich fortschreitet, letztlich unberührt von aktuellen Ereignissen. Es handelt sich um eine zwar schleichende, deswegen im Alltag nicht auffällige, aber dennoch fundamentale Veränderung der Gesellschaft.“  

Die Erosion

Thomas Petersen weiter: „Hinter dem Rückgang der Kirchenmitgliederzahlen verbirgt sich eine Erosion des christlichen Glaubens, die noch weit größere Ausmaße hat. … Vor allem die Kerninhalte des christlichen Glaubens werden schon seit längerer Zeit nur noch von einer Minderheit der Bevölkerung vertreten. … Man bekommt den Eindruck, dass sich die Erosion des Christentums in drei Stufen vollzieht:

  1. Zuerst verlieren die Menschen den Glauben an die wesentlichen Inhalte des Christentums. Dieser Prozess ist inzwischen weit fortgeschritten, nur noch eine Minderheit bekennt sich zu den zentralen Inhalten der christlichen Lehre, und nur jeder Zehnte fühlt sich einer der christlichen Kirchen eng verbunden.
  2. Erst nach dieser inneren Abwendung folgt in einem zweiten Schritt der Kirchenaustritt. Die verbreitete Vorstellung, wonach viele tiefgläubige Menschen die Kirche aus Protest verlassen, ist falsch.
  3. Der dritte Schritt ist die Abwendung von der christlichen Kulturtradition, doch diese wird auch ohne die religiöse Fundierung zumindest eine gewisse Zeit lang weitergepflegt und wertgeschätzt.“

Und nun?

Eigentlich müssten jetzt in der Kirche die Alarmglocken läuten. Diese Glocken allerdings schweigen. „Säkularisierung ist gut, wenn sie die Kirche schüttelt und aufrüttelt“, so Heribert Prantl (s.o.). Doch wo sind die Impulse für substantielle Bildungsarbeit? Wo sind die Konzepte? Wo ist die Kreativität der Kirchengemeinden, der Bildungswerke, der Kirchenleitung? – Doch es geht weiter wie bisher.

Es geht nicht weiter wie bisher – ?

„Wenn man auf einer gut ausgebauten Straße geradewegs auf einen Abgrund zusteuert, ist das Abbiegen auf einen holprigen Feldweg die einzige realistische Option. Ein ‚Weiter so‘ könne es nicht geben“, sagte (laut epd) ein Mitglied der Kirchenleitung vor einigen Wochen. Besteht also Hoffnung? Nein. Es geht „Weiter so“. Denn diese Aussagen haben sich nur bezogen auf „Klimawandel, Geschlechtergerechtigkeit und Integration“ sowie auf „viele andere Themen“. Offensichtlich fehlt in der Kirche ein Problembewusstsein für die „Erosion des Christentums“ und für den Verlust der „Kerninhalte christlichen Glaubens“ (s.o.).

Der Aufschrei

Ich höre schon den Aufschrei: „Bildungsarbeit! – Das sollen wir jetzt auch noch machen??“ Mir kommt das so vor, wie wenn ein Bäcker sagt: „Jetzt soll ich auch noch Brötchen backen??“ Eigentlich gehört zu den Basics von Gemeindearbeit neben Gottesdiensten, Seelsorge, Beerdigungen, Gemeindeaufbau (!), Seniorenarbeit und Konfirmandenarbeit eben auch eine substantielle Bildungsarbeit.

Das Geheimnis ist: Ein Pfarrer oder eine Pfarrerin (und ein Kirchenvorstand) muss ja nicht alles selbst machen, sondern müsste halt darauf schauen, dass es gemacht wird. Wer hier keine Phantasie hat, lässt diesen Garten unbestellt – und es wächst halt nichts. Und der Garten wird immer kleiner. Substantielle Bildungsarbeit wird in der Kirche offenbar immer noch behandelt unter der Kategorie „Falls-wir-es-noch-schaffen“ – und fällt damit weg.

Es geht also weiter wie bisher.

Falls die Kirchengemeinden hier überhaupt ein Problembewusstsein haben, fehlen Zeit, Kreativität und Ideen für substantielle Bildungsarbeit. Diese wird dann delegiert an die Bildungswerke. Senioren-Nachmittage und Mutter-Kind-Gruppen, für die vielleicht auch noch „Teilnehmerdoppelstunden“ angerechnet werden können, sind halt kein Ersatz.

Falls die Bildungswerke hier überhaupt ein Problembewusstsein haben, fehlen offenbar ebenso Kreativität und Ideen für flächendeckende Bildungsangebote (Glaubenskurse und anderes). Ist Bildungsarbeit dort womöglich oft nur ein Unterhaltungsangebot für das Bildungsbürgertum?

Und die Kirche? Dekanate, Kirchenkreise und Kirchenleitung sind voll beschäftigt mit Verwaltungsarbeit, mit Stellenplänen und mit Umstrukturierungen von Kirchengemeinden, Pfarreien und Dekanaten. – Inhaltlich wird es immer mehr Ebbe. Nur kommt hier nach der Ebbe halt keine Flut mehr.

Und was sagt die „künstliche Intelligenz“?

Meine Frage an ChatGPT (am 25.04.2023):

„Welche vorrangige Aufgabe hat die Kirche angesichts der Erosion des christlichen Glaubens und der immer geringer werdenden Identifikation die mit den Kerninhalten des christlichen Glaubens?“

Antwort von ChatGPT:

„Als künstliche Intelligenz habe ich keine persönliche Meinung oder Überzeugung, aber ich kann versuchen, auf diese Frage zu antworten.

Eine vorrangige Aufgabe der Kirche angesichts der Erosion des christlichen Glaubens und der geringer werdenden Identifikation mit den Kerninhalten des christlichen Glaubens ist es, Wege zu finden, um die Menschen wieder für den Glauben zu gewinnen und sie davon zu überzeugen, dass er immer noch relevant und wichtig ist.

Dies kann durch eine verstärkte Evangelisierung und Katechese erreicht werden, indem man den Menschen die Bedeutung und Relevanz des Glaubens für ihr Leben aufzeigt und ihnen hilft, eine persönliche Beziehung zu Gott aufzubauen. Die Kirche kann auch darauf achten, dass ihre Botschaft zeitgemäß und relevant ist und dass sie sich an die Bedürfnisse und Fragen der Menschen anpasst.

Darüber hinaus kann die Kirche durch ein Beispiel der Nächstenliebe und des Dienstes an der Gemeinschaft dazu beitragen, dass die Menschen den christlichen Glauben als positive Kraft in der Welt erleben und ihm gegenüber offen werden. Es ist auch wichtig, dass die Kirche auf die Anliegen und Bedürfnisse der jüngeren Generationen eingeht und ihre Fragen und Zweifel ernst nimmt, um ihre Unterstützung und Teilnahme am Glauben zu gewinnen.

Letztendlich muss die Kirche sich immer auf den Kern des christlichen Glaubens besinnen und ihn in all ihrem Handeln und ihrer Botschaft betonen – die Liebe Gottes zu allen Menschen und die Einladung, ihm zu folgen und sein Reich auf Erden aufzubauen.“  

Dr. Werner Thiessen
25.04.2023

Foto by Gabriele Schmadel_pixelio.de

Was (mir) wichtig ist.

Dies als pdf-Datei (mit Fußnoten) hier.

Teil 1
(weitere Teile zu anderen Themen werden folgen)

  • „Verstehst du auch, was du liest?“ (Apg 8,30)
  • „Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist!“ (1Petr 3,15)

1.
Das sind zentrale Fragen in einem christlichen Leben und in einer christlichen Gemeinde:

  • Wie finde ich Antworten auf existentielle Themen des Lebens?
  • Wie kann ich dahin kommen zu sagen: „Ich weiß, was ich glaube!“?
  • Wie wird christlicher Glaube dialogfähig?
  • Wie kann eine Beziehung der Gemeindemitglieder zu den Inhalten des christlichen Glaubens entstehen?
  • Wie kann das protestantische Profil geschärft werden?

Der Begriff „Bildungsarbeit“ schreckt ab. Denn (kirchliche) „Bildungsarbeit“ ist nicht nur eine intellektuelle Gedankenspielerei des kirchlichen Bildungsbürgertums. Bei Bildung geht es um die Übereinstimmung des persönlichen Wissens und Weltbildes eines Menschen mit der Wirklichkeit und um die Fähigkeit, Verständnis für Zusammenhänge zu entwickeln. Auf die christliche Bildung „übersetzt“ bedeutet das:

  • Übereinstimmung des persönlichen Glaubens mit den Glaubensgrundlagen und Glaubensinhalten gewinnen,
  • Verständnis für die Zusammenhänge des persönlichen Glaubens mit den Glaubensgrundlagen und mit den Fragen und Herausforderungen unserer Zeit gewinnen,
  • sowohl Profil als auch Toleranz entwickeln.

Bildung (in diesem Sinn!) ist also eine zentrale Aufgabe aller christlichen und kirchlichen Gemeinden und Einrichtungen. Geistliches Leben und christlicher Glaube hat immer das Wort Gottes als Ausgangspunkt und Grundlage. Dieses Wort Gottes, wie es in der Bibel überliefert ist, gilt es zu verstehen und seine Bedeutung und Botschaft in unserer Zeit zu erkennen. Mit anderen Worten – und überspitzt ausgedrückt: Eine Kirchengemeinde, die diese Aufgabe nicht aktiv und bewusst wahrnimmt, hält ihre Gemeindemitglieder unmündig.

„Als zentrale Aufgabe der Kirche betrachtet es Anna-Nicole Heinrich (Präses der EKD-Synode), Einzelne in ihrem Glauben und Christsein zu stärken. ‚Kirche muss sich daran messen, ob sie dieser Aufgabe gerecht wird.‘ Dazu gehöre auch eine bessere Sprachfähigkeit. Sie selbst sei nach ihrer Wahl zur Präses mehrfach von Journalisten nach ihrer Beziehung zu Gott gefragt worden. Darauf habe sie keine Antwort gehabt – die Frage sei ihr aber zuvor in zehn Jahren ehrenamtlicher kirchlicher Mitarbeit auch nie gestellt worden.“ (epd-Pressemeldung vom 05.05.2022)

2.
Martin Luther hat einen Kleinen Katechismus und einen Großen Katechismus geschrieben, damit die Gemeindemitglieder wissen, was sie glauben. So schreibt er 1529 in der Vorrede zum Kleinen Katechismus:

Diesen Katechismus oder christliche Lehre in solcher kleinen, schlichten, einfältigen Form aufzustellen hat mich gezwungen und gedrungen die klägliche, elende Not, die ich neulich erfahren habe, da ich auch ein Visitator war. Hilf, lieber Gott, wie manchen Jammer habe ich gesehen, dass der einfache Mann doch von der christlichen Lehre so gar nichts weiß, besonders auf den Dörfern, und dass leider viel Pfarrherrn sehr ungeschickt und untüchtig sind zu lehren. Dabei sollen doch alle Christen heißen, getauft sein und die heiligen Sakramente genießen, können (aber) weder Vaterunser noch das Glaubensbekenntnis oder die zehn Gebote, leben dahin wie das liebe Vieh und die unvernünftigen Säue. Und nun, wo das Evangelium gekommen ist, haben sie dennoch fein gelernt, alle Freiheit meisterlich zu missbrauchen.

Martin Luther hat einen Kleinen Katechismus geschrieben, damit die Gemeindemitglieder auch wissen, was sie glauben, und damit ihr persönlicher Glaube eine lebendige Beziehung zu den grundlegenden Inhalten des christlichen Glaubens findet. Der Adressatenkreis dieses Kleinen Katechismus umfasst alle, „jung und alt, was Christen heißen und sein will“ (Luther). Bei dieser Unterweisung ging es Luther zunächst um eine gründliche Belehrung der Gemeindeglieder, die nicht länger in geistlicher Ahnungslosigkeit, in Unkenntnis und Unverständnis selbst über die einfachsten und grundlegenden Glaubensinhalte bleiben sollten. Vor allem sollte der Kleine (wie auch der Große) Katechismus dem Glauben dienen und nicht nur auf den Kopf zielen, sondern ebenso, ja mehr noch auf das Herz und auf die Existenz der Glaubenden, auf das Hineinwachsen der getauften Christen in das Vertrauen und in die Beziehung zu dem dreieinigen Gott. Luther ging es darum, dass ein jeder und eine jede sich selbst aus den Schriften belehren können sollte. Sobald jemand Verständnis über Glaubensinhalte gewinnt, ist es auch möglich, das eigene Leben dem Evangelium gemäß zu leben.

3.
Dialogfähigkeit ist nötig bei der Frage nach der christlichen Identität und beim Thema „Toleranz“ im konstruktiven Dialog in der Ökumene, mit anderen Religionen, mit Atheisten und Nicht-Religiösen, mit Fundamentalisten und natürlich auch im Gespräch mit anderen Christinnen und Christen.

Dialogfähig ist, wer den eigenen Glauben formulieren kann. Zur Dialogfähigkeit eines Christenmenschen und zu eigenständigem Urteilen gehört daher ein innerer Zugang zu den (biblischen) Inhalten des christlichen Glaubens und ein Gespräch (griechisch: diálogos) darüber. Wer Antworten finden will auf persönliche, auf gesellschaftliche und auf politische Fragen, die sich heute stellen, muss logischerweise die Inhalte des christlichen Glaubens kennen und sich mit ihnen auseinandersetzen können. Zum Beispiel bei diesen Themen:

Die Frage nach dem Leid („Theodizeefrage“), nach dem Tod, nach Gottes Wirken in dieser Welt, danach, wie die oft sehr radikale Botschaft Jesu zu verstehen ist und was sie heute für uns bedeutet; Themen „Menschenwürde“ und politisches Handeln (z.B. Sterbehilfe, Reichtum – Armut, Schöpfung bewahren, Flüchtlingsbewegungen).

Wer solche Fragen nicht nur „nach Gefühl“, sondern begründet beantworten will, müsste doch sich doch dringend mit den biblischen Grundlagen des christlichen Glaubens beschäftigen. Damit persönlicher Glaube „lebt“, braucht es ein Kennenlernen und ein ständiges Sich-Vergewissern der Glaubensinhalte. Evangelische Spiritualität bedeutet, dass es nicht ohne Bildung geht. Dafür gehört für mich unabdingbar die Reflexion der Spiritualität genauso wie ihre bewusste Gestaltung“ (Peter Zimmerling).

„Apologetik“ antwortet auf Fragen, die sich aufgrund gegenwärtiger Erfahrungen stellen. Dies ist nicht nur eine Aufgabe für die hauptamtlichen Geistlichen und Angestellten in der Kirche, sondern für alle Christinnen und Christen! „Die Übersetzung der Heiligen Schrift und ihre Verbreitung zielt dabei im Kern darauf, allen Christenmenschen die Schrift nahezubringen als ein Buch, das verstanden und mit dem gelebt werden kann. Insofern steht die Betonung der ‚äußeren Klarheit‘ der Schrift auch im Dienst an der Mündigkeit des Christenmenschen“ (EKD).

Daher müssten sich alle christlichen und kirchlichen Gemeinden und Einrichtungen eigentlich ständig fragen:

  • Wie können Gemeindemitglieder dahin kommen zu sagen: „Ich weiß, was ich glaube!“?
  • Wie können theologische und geistliche Themen (für alle Gemeindemitglieder!) in Dekanaten, Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen Raum finden?
  • Wie kann das protestantische Profil geschärft werden?

Dabei ist wichtig: Christliche und kirchliche Bildungsarbeit ist nicht nur Kopfarbeit. Sie müsste sehr vielfältig sein. Zum Beispiel:

  • Bibelgespräche, in denen versucht wird, die Fremdheit biblischer Texte zu verstehen und zu fragen, wie sie heute im persönlichen Glauben, im kirchlichen Leben und in der Gesellschaft lebendig sein können. Voraussetzung ist: Die Fremdheit anzunehmen, nichts schnell hineinzulesen und hineinzuinterpretieren. Für eine Kirchengemeinde müssten regelmäßige Bibelwochen oder ein Kreis „Bibelstudium“ oder „Bibelbetrachtung“ (so etwas geht auch online!) in der Gemeindearbeit und beim Gemeindeaufbau selbstverständlich sein.
  • Glaubenskurse: Evaluationen haben gezeigt, dass z.B. Glaubenskurse ein gutes und wichtiges Mittel sind, um den Glauben neu zu beleben – und sogar, um Glauben zu wecken. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Angeboten, z.B.: „Der Alphakurs“, „Kaum zu glauben“, „Spur 8“, „Stufen des Lebens“, „Warum glauben?“, „Erwachsen glauben“, „Glauben lernen mit Dietrich Bonhoeffer“.
  • „Exerzitien im Alltag“ gehen zurück auf Ignatius von Loyola. Sie sind ein Übungsweg, zu dem – in einem Zeitraum in der Regel von fünf bis sechs Wochen – tägliche Stille und wöchentliches Treffen in einer Gruppe gehören. „Exerzitien im Alltag“ soll helfen, den eigenen Glauben zu vertiefen und durch Stille, Beschäftigung mit dem Wort Gottes und Gebet Gott neu zu erfahren.
  • Bibliodrama ist ein kreativer Zugang zu biblischen Texten und Geschichten. Es ist ein „Einsteigen“ in eine Geschichte, wo Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Rollen aus dem biblischen Text gleichsam hineinschlüpfen und auf diese Weise oft sehr intensive Erfahrungen sowohl mit dieser Geschichte als auch mit sich selbst machen.
  • Bibliolog ist ein anderer „Einstieg“ in eine biblische Geschichte in einer Gruppe, wo in einer Interaktion die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Geschichte abwechselnd in unterschiedlichen Rollen erleben.  Dabei kann diese Geschichte auch für das persönliche Leben und den Glauben lebendig und bereichernd werden.
  • „Bibel-Teilen“ ist eine Form, biblische Inhalte in die gegenwärtige Situation des persönlichen Lebens sprechen und lebendig werden zu lassen. Diese Art der Bibel-Betrachtung ist in kleinen Gruppen von Christinnen und Christen in ökumenischen Nachbarschaftskreisen und Basisgemeinden in Afrika, Indien und Lateinamerika entwickelt worden.
  • Geistliche Begleitung: Mit einem Gegenüber als Begleiterin oder Begleiter in Gesprächen (oft in monatlichem Abstand) den eigenen geistlichen Weg zu betrachten und den Glauben zu vertiefen.
  • Verschiedene Formen (Klage, Anbetung, Fürbitte, Dank) und Praktiken des Gebets: Regelmäßiges Gebet für die eigene Gemeinde müsste eigentlich zum Grundbestand einer Gemeindearbeit gehören, wenn eine Gemeinde „hören“ will, was wichtig ist, und wenn sie Gott etwas zutrauen will. Gebet in einer Gemeinde ist außerdem möglich zum Beispiel als Friedensgebet, als christliche Kontemplation, als Jesusgebet.
  • Bei der „Ignatianischen Schriftbetrachtung“ versuchen Menschen, sich eine biblische Geschichte szenisch vorzustellen und einen Platz im Geschehen zu finden. Dieses Erleben kann ins Gebet führen. Für Ignatius von Loyola war dies eine sehr intensive Art, in eine geistliche Tiefe und Gottesbegegnung zu finden.
  • Dann gibt es noch vieles anderes mehr aus dem spirituellen Reichtum der Kirchen. – Könnte es sein, dass unsere Kirche(n) geistlich da ein wenig arm geworden sind??

Leicht, voreilig und unredlich wäre es, sich von dem zu verabschieden, was man in der Bibel nicht gleich versteht oder was auf den ersten Blick für unser heutiges Denken nicht sofort einleuchtet. Das wäre ein bequemer, schneller – und denkfauler Weg. Das würde der Bibel nicht gerecht. Es würde auch zeigen, dass aus Gründen der Faulheit oder der Bequemlichkeit darauf verzichtet wird, sich in das Denken der biblischen Schriften, das uns heute oft fremd ist, und in die Spiritualität des Wortes Gottes hineinzuversetzen. Es wäre deshalb letztlich eine theologische Bankrott-Erklärung.

Wichtig ist mir, nicht über die Bibel und über theologische Fragen drüber zu fliegen wie mit einem Hubschrauber. Ich will versuchen, die Bibel zu verstehen, mich ansprechen zu lassen durch die Botschaften des Alten und Neuen Testaments und im Hinhören, Lesen, Studieren und Meditieren das Wort Gottes damals und heute (neu) zu entdecken. Denn nur das gibt der Kirche Identität und Zukunft.

Und noch eines gilt: Corona ist keine Ausrede für fehlende Bildungsarbeit in einer Kirchengemeinde oder in einem Dekanat.

27.02.2022

Obenstehende Ausführungen „Was (mir) wichtig ist“ als pdf-Datei (mit Fußnoten) hier.

Die sehr lesenswerten Vorreden Martin Luthers zum Kleinen Katechismus und zum Großen Katechismus hier.