Aufgeschreckt hat mich David Beasley. Er ist der Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen. Er sagte:
„Es gibt 2.200 Milliardäre auf der Welt, mit einem Nettovermögen von etwa 10 Billionen (= zehntausend Milliarden) US-Dollar. … Was ich brauche, sind fünf Milliarden Dollar, um eine Hungersnot zu verhindern. Ist das zuviel verlangt? Ich meine: Come on! Milliardäre, zeigt der Welt, dass sie euch nicht egal ist! Jeff Bezos (Investor und Gründer des in Corona-Zeiten exponentiell gewinnstarken Online-Versandhändlers Amazon; mit geschätzt mehr als 200 Milliarden Dollar Gesamtvermögen die reichste Einzelperson der Welt.), gib mit nur so viel, wie du an einem Tag verdienst! Allein zwischen April und Juli 2020 ist das Vermögen der Milliardäre um 27,5 Prozent gewachsen. … Worum es mir geht, ist eine einmalige Spende. Jetzt.“
Reiche zu kritisieren hat gute biblische Wurzeln. Die Propheten des Alten Testaments und Jesus mahnen die Reichen, sich um die Armen und Schwachen zu kümmern. Von daher habe ich volle Sympathie für das, was David Beasley fordert. Doch diese Kritik an den Reichen ist gleichzeitig auch eine Anfrage an uns:
- Zum einen die Frage: Wie konnten Bezos & Co. eigentlich so reich werden? Dass diese Online-Händler – auch aufgrund ihrer weltweiten Verbindungen – ein Minimum an Steuern bezahlen, ist eine Anfrage an die europäischen Regierungen und ihre Steuergesetze.
- Wer bei Bezos & Co. einkauft, macht sie reich – und macht die Geschäfte unserer Innenstädte kaputt. Falls wirklich Online-Handel gewünscht wird: Mittlerweile gibt es so viele kompetente Einzelhändler in den Städten, die Click & Buy oder Call & Buy anbieten. Viel sinnvoller und umweltfreundlicher ist es doch, Schuhe vor Ort anzuprobieren, anstatt sich so viele Schuhe zur Ansicht zu bestellen und wieder retour zu schicken, bis endlich ein Paar dabei ist, das gefällt und passt.
- Eine grundsätzliche Frage liegt über allem drüber: Was brauchen wir denn eigentlich wirklich? Vielleicht hat Gerhard Tersteegen Recht: „Reich ist, wer viel hat. Reicher ist, wer wenig braucht. Am reichsten ist, wer viel gibt.“
Ein Beispiel für prophetische Kritik:
„Weh denen, die Unheil planen und böse Taten auf ihren Lagern! Wenn es Tag wird, führen sie es aus; denn sie haben die Macht dazu. Sie wollen Felder haben und reißen sie an sich, sie wollen Häuser haben und bringen sie in ihren Besitz. Sie wenden Gewalt an gegen den Mann und sein Haus, gegen den Besitzer und sein Eigentum. Darum – so spricht der HERR: Seht, ich plane Unheil gegen diese Sippe, aus dem ihr nicht mehr herausziehen könnt eure Hälse; und ihr werdet den Kopf nicht mehr so hoch tragen; denn es wird eine böse Zeit sein.“ (Mi 2,1-3)
Jesus sagte zu diesem Thema unter anderem:
„Weh euch Reichen; denn ihr habt euren Trost schon gehabt“ (Lk 6,24).
„Verkaufe alles, was du hast, und verteile das Geld an die Armen. So wirst du unverlierbaren Reichtum im Himmel haben. Dann komm und folge mir! … Wie schwer ist es doch für die Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes hineinzukommen. Denn es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt.“ (Lk 18,22-25)
Und der Apostel mahnt:
„Die reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Verstrickung und in viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen versinken lassen in Verderben und Verdammnis. Denn Geldgier ist eine Wurzel alles Übels. … Den Reichen in dieser Welt gebiete, dass sie nicht stolz seien, auch nicht hoffen auf den unsicheren Reichtum, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet, es zu genießen; dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gerne geben, zum Teilen bereit sind und sich selbst einen Schatz sammeln als guten Grund für die Zukunft, damit sie das wahre Leben ergreifen.“ (1Tim 6,9f.17-19)
Und dann sind da auch noch Martin Luther, die EKD, die katholische Soziallehre und andere. Näheres siehe bei Impulse.
Ich erinnere auch noch einmal an meinen Beitrag vom 10.06.2020: „Corona – der wertvolle Blick über den heimischen Tellerrand hinaus“ (Unter: „Archiv | Juni 2020“).