Wissen – Unwissen – Nutzloses Wissen
oder:
Was man alles nicht wissen muss

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Es gibt Dinge, von denen wir wissen,
dass wir sie wissen.

Es gibt Dinge, von denen wir wissen,
dass wir sie nicht wissen.

Es gibt Dinge, von denen wir nicht wissen,
dass wir sie wissen.

Es gibt Dinge, von denen wir nicht wissen,
dass wir sie nicht wissen.

Und dann gibt es noch Dinge,
von denen wir (nicht?) wissen,
dass wir sie eigentlich gar nicht wissen müssen: Nutzloses Wissen.

(Donald Rumsfeld, ehemaliger US-Verteidigungsminister, hat am 12. Februar 2002 in einem Briefing eine verkürzte, jedoch sehr verbreitete Version dieser „Weisheit“ [siehe oben] von sich gegeben.)

„Ich weiß, dass sie glauben, Sie verstünden, was Sie denken, was ich gesagt habe. Aber ich bin mir nicht sicher, ob Sie begreifen, dass das, was Sie gehört haben, nicht das ist, was ich meine.“ (Richard Nixon, US-Präsident)

Eine kleine Auswahl dieser riesigen Menge an Dingen, die wir nicht unbedingt wissen müssen oder kaum verstehen, hier:

Gotische Kirchen gehören für mich (neben den romanischen) zu den schönsten Kirchen  überhaupt. Immer wenn ich den Kölner Dom besuche, ist dieses Gebäude ein Erlebnis. Nach dem Baustil der Gotik (zwischen 1100 und 1500) kam irgendwann der Barock. Aber das ist eine andere, eine traurige Geschichte …

Ganz anders sahen das italienische Künstler und Architekten im 16. Jahrhundert. Die waren froh, dass die Baukunst des Mittelalters endlich überwunden war. Giorgio Vasari (1511 – 1574) zum Beispiel (man sagt ihm nach, dass er die Renaissance erfunden habe) benutzte die Bezeichnung „Gotik“, um damit seiner Verachtung gegenüber der Baukunst des Nordens, der Goten, Ausdruck zu geben. Denn diese hielt er für barbarisch. Das seien „Gebäude, deren so viele sind, dass sie die ganze Welt verpestet haben“. Aus Vasaris Abwertung eines seiner Meinung nach barbarischen Stils wurde im Lauf der Zeit ein wertneutraler Begriff. Auch Lorenzo Valla (1406 – 1457) schon äußerte sich verächtlich. Er hielt die Schrift nördlich der Alpen für schlecht und barbarisch und nannte sie „gotisch“ („codices gothice scriptos“). Einzig gut seien dagegen natürlich die römischen Buchstaben.

Auch das Siegel „Made in Germany“ war mal ein Erkennungszeichen für schlechte Qualität. Am 23. August 1887 wurde das „Merchandise Marks Act“, das britische Handelsmarkengesetz beschlossen. Produkte aus Deutschland mussten fortan den Schriftzug „Made in Germany“ tragen. Auf deutsche Waren wurden keine Zölle erhoben. Die wurden mit dem Schriftzug „Made in Germany“ bezeichnet, um damit deutlich zu machen: „Achtung, dieses Produkt ist zwar billig, aber aus Deutschland und deshalb von schlechter Qualität“.

Übrigens: Ende des 19. Jahrhunderts verbesserte sich die Qualität der deutschen Produkte deutlich. Viele erkannten nun an der Bezeichnung „Made in Germany“, dass diese Waren aus Deutschland keineswegs minderwertig waren. „Made in Germany“ war nun nicht mehr eine Warnung vor schlechter, sondern ein Hinweis auf gute Qualität. Dies war einer der Gründe, warum die deutsche Wirtschaft Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts explosionsartig wuchs.

Was hat nun „Made in Germany“ mit der Gotik zu tun? Klar: Beides waren ursprünglich mal Begriffe, die das, was sie bezeichneten, abwerten wollten.

Ich habe mal ChatGPT gefragt in der Hoffnung, dass mir die künstliche Intelligenz etwas Intelligentes zu diesem Thema sagt. Doch ich meine, diese Intelligenz ist noch ausbaufähig. Die Antwort von ChatGPT auf die Frage: „Was hat ‚Made in Germany‘ mit der Gotik zu tun?“:

„Es gibt keine direkte Verbindung zwischen ‚Made in Germany‘ und der Gotik. ‚Made in Germany‘ ist ein Label, das für Produkte verwendet wird, die in Deutschland hergestellt wurden. Die Gotik ist eine Kunstrichtung, die in Europa im Mittelalter und in der Renaissance verbreitet war. Sie zeichnet sich durch die Verwendung von mittelalterlichen Stilelementen wie Spitzbögen, Kreuzrippengewölben und Schmuckornamenten aus.“

Filippo Neri war ein heiliger Stadtstreicher aus Florenz, der die Römer mit seinen Späßen so fabelhaft unterhielt, dass sie ihn zu Lebzeiten schon als das verehrten, was er inzwischen hochoffiziell ist: der Stadtpatron von Rom.

Etwas brenzlig wurde es Filippo Neri, als ein ganz anderer Heiliger in Rom ankam. Ein heiliger Spanier. Ignatius von Loyola. So streng nahm der das Christentum, dass er in seinem neuen römischen Ordenshaus täglich persönlich nachsah, ob alle Klos vorschriftsgemäß geputzt seien. Und, wichtiger noch, ob auch die Nachkontrolle zum Kloputzen vorschriftsgemäß ausgeführt worden sei. In neun Jahren, klagte sein Sekretär Polanco, habe er von diesem heiligen Chef „kaum ein gutes Wort gehört“.

Eines Tages wurde Filippo Neri gefragt, wie er es denn geschafft habe, ein so großer Heiliger zu werden. „Das ist einfach“, gab Filippo zur Antwort, „jedesmal, wenn ich etwas zu tun habe, versuche ich mir vorzustellen, was jetzt der heilige Ignatius von Loyola täte. Und dann tue ich das Gegenteil.“

Was ist das Gegenteil von Ignatius von Loyola? „Autorität“, sagte Filippo Neri, „verschaffe ich mir dadurch, dass ich keine Befehle erteile.“ Ein Wahlspruch, der für sich allein Grund genug gewesen wäre, den heiligen Philipp zu verbrennen. Warum hat das Papst Pius V. trotzdem nicht getan? Wahrscheinlich, weil er sonst Streit bekommen hätte mit seinen Kardinälen.

Zu Kaiser Wilhelms Zeiten hatte Deutschland, was ihm heute fehlt: ein meisterhaft gemachtes satirisches Blatt. Das war der „Simplizissimus“ aus München. Seine frechsten Spottbilder galten den wilhelminischen Corps-Studenten. In ihrem Vollwichs und mit ihren Säbeln gab sie der „Simplizissimus“ dem Gelächter der Nation preis. Waren die schlagenden Verbindungsbrüder darob beleidigt? Im Gegenteil. Sie waren die ersten, die zum Kiosk liefen, sobald der „Simplizissimus“ erschien. Und die sich totlachten über ihre eigene Karikatur.

Gibt es jemanden, der mehr Sinn für Ironie besaß als deutsche Corps-Studenten zur Zeit Kaiser Wilhelms II.? Ja, die römischen Kardinäle zur Zeit Papst Pius‘ V.

Zu den Späßen, mit denen der heilige Filippo Neri die Römer unterhielt, gehörte ein religiöses Straßenkabarett. An der Spitze einer Prozession von johlenden Straßenjungen, die ihm die rote Schleppe trugen, zog der Heilige, als Kardinal kostümiert, rund um den Vatikan. Gleich kamen die Kardinäle alle gelaufen. Um sich aufzuregen? Nein, um selber zu sehen, welchen von ihnen der Heilige diesmal veralberte. Und keiner, der nicht heimlich hoffte, dass die Ehre diesmal ihm zuteil würde. Die Ehre der Parodie.

Aus dem lesenswerten Buch von Hans Conrad Zander, Joachim, mir graut’s vor dir! Von der unwiderstehlichen Komik der Religion (Köln 2004, S. 16-17).

Als Köln noch eine echte Großstadt war und seine Erzbischöfe Männer von mächtigem Format, in jener längst vergangenen Zeit ging es zu Karneval im Kölner Dom ähnlich her wie – nach den ausgezeichneten Forschungen des Historikers Maurice Lever – in französischen Kathedralen.

Feierlich wählten die Narren des Mittelalters, je nach Ort, einen „Narrenbischof“ oder einen „Narren-Erzbischof“. Wohlgemerkt: nicht etwa nur ein harmlos romantisches Dreigestirn wie heute in Köln, sondern einen veritablen Erzbischof für den erzbischöflichen Narrenthron. Den setzten sie auf einen Esel, meist jedoch, damit ein Unterschied zu Jesus sei, rückwärts, mit der Nase zum Schwanz. Mit lautem Spottgeschrei trieben sie dann Esel samt Bischof in den Hohen Dom. Nicht etwa nur hinten ins Schiff, sondern ganz nach vorn ins Allerheiligste. Mit zügellosen Späßen huldigten sie dort dem Bischof und dem Esel: „0 du Erzbischof von Köln!“

In manchen Kathedralen, so fand der französische Historiker heraus, war es noch schlimmer. Da wurde kein Narren-Erzbischof gewählt, sondern der Esel selbst zum Erzbischof erklärt und „in einem reichbestickten Kardinalsrock“ ins Allerheiligste geführt.

Dann begann die eigentliche Fasnachtssitzung im Dom: die „Eselsmesse“ nach dem „Esels-Missale“. Von allen andern Messen des Jahres unterschied sie sich dadurch, dass das gläubige Volk dem Erzbischof, beziehungsweise dem Esel selbst, durchweg nicht mit „Amen“ antwortete, sondern mit „I-ah, I-ah!“.

„In sämtlichen Kathedralen“ war dieses lästerliche Narrenfest üblich, schreibt der Historiker Jacques Heers, nicht etwa nur in Frankreich und England, sondern „vor allem in den deutschen Ländern“.

Selten waren es Narren aus dem Volk, welche die fasnächtliche Eselei im Dom veranstalteten. Meist waren das entlaufene Kleriker, entschloffene Mönche, streunende Theologiestudenten. „Goliarden“ nannte man sie in Frankreich, „Vaganten“ in Köln. Die Spötter des Mittelalters waren das, verwahrloste Kleriker, denen nichts mehr heilig war.

Unter den Kölner Erzbischöfen des I2. Jahrhunderts aber war einer, mit dem nicht zu spaßen war. Das wissen die Italiener noch heute. Rainald von Dassel war der Kanzler Kaiser Barbarossas. Und sein Feldherr. Er hat Mailand in Schutt und Asche gelegt. Er hat den Italienern die Gebeine der Heiligen Drei Könige geraubt und sie zu seinem Thron im Kölner Dom verschleppt.

Rainald von Dassel, der fürchtenswerteste aller Kölner Erzbischöfe. Hat er die lästerliche Eselsprozession in seinem Dom verboten? Hat er die clerici vagantes, die seinen Thron so frech entweihten, verdammt? Im Gegenteil. Den frechsten von allen hat er nicht zu seinem „Erzfeind“ erklärt, sondern zu seinem „Erzpoeten“. Das ist das Gegenteil.

Aus: Hans Conrad Zander, Joachim, mir graut’s vor dir! Von der unwiderstehlichen Komik der Religion, Köln 2004, S. 17-18.

Er kümmert sich um den Baum von früh bis spät. Er wässert ihn im Sommer, und im Winter schützt er seine Wurzeln vor Frost. Er vertreibt die Wespen, so gibt es keine Maden. Wenn der Wind den Baum schüttelt, ist er da, um die Äpfel aufzufangen. So gibt es kein Fallobst. Er verliert keinen seiner Äpfel und bringt sie poliert auf den Markt.

Er macht einen kleinen Gewinn und hat im nächsten Jahr schon zwei Apfelbäume. Er handelt wieder mit aller Umsicht. Dennoch, einige Äpfel fallen und bekommen Flecke. Aber auch die gibt er nicht verloren und macht aus ihnen Kompott. Er bringt alles zum Markt und macht wieder Gewinn.

Er hat im dritten Jahr drei Apfelbäume. Die Mühe wächst, aber auch seine Erfahrung und seine Liebe zur Apfelzucht. Die meisten seiner Äpfel erntet er unversehrt, und wenn dennoch welche fallen, werden sie zu Kompott und wenn einige sogar faulen, macht er Most aus ihnen und denkt schon im Voraus an die Herstellung von Wein.

Er bringt alles auf den Markt wo er nun schon als erfolgreicher Mann gilt macht wieder einen Gewinn und hat im vierten Jahr schon vier Apfelbäume. – Nach sieben Jahren stirbt seine Tante und er erbt eine Million.

Luat enier Sidtue an eienr elgnhcsien Uvrisnäiett, ist es eagl in wcheter Rhnfgeeloie die Bstuchbaen in eniem Wrot snid. Das eniizg Whictgie ist, dsas der etrse und der Lztete Bstuchbae am rtigeichn Pattz snid. Der Rset knan tatol deiuranchnedr sien, und man knan es imemr ncoh onhe Porbemle Iseen. Das legit daarn, dsas wir nhcit jeedn Bstuchbaen aeilln been, srednon das Wrot als Gzanes.

Tseetn Sie es am felonedgn Txet:

Jeuss eredirwte ihr: „Ich bin die Atuenfrsehug und das Lbeen. Wer an mcih gublat, wrid leebn, acuh wnen er sbrtit, und jdeer, der Lbet und an mcih gublat, wrid auf eiwg nhcit sbreten“ (Joh 11,25-26a).

Kardinal Clemens August Graf von Galen, Bischof von Münster, der in der Zeit des Nationalsozialismus u.a. gegen die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ und gegen das Neuheidentum auftrat, sprach in einem Silvestergottesdienst davon, wie die Partei der Nationalsozialisten die Kinder den Eltern abspenstig mache und sie im Sinn der Partei indoktriniere. Natürlich waren eine Reihe von Nazifunktionäre im Gottesdienst und notierten seine Aussagen, um Belastungsmaterial gegen den Bischof zu bekommen. Einer von ihnen konnte wohl die Aussagen von Galens nicht mehr ertragen. Er schrie in die Kirche: „Wie kann ein Mann, der selbst keine Familie hat, es wagen, über Kinder und Erziehung zu reden!“ – Die schlagfertige Antwort des Bischofs kam prompt: „Ich verbitte mir abfällige Bemerkungen über den Führer!“

Im Jahr 1801 war Napoleon auf der Höhe seiner Macht. Es schien im jetzt geraten, seine militärische und politische Stellung durch ein Konkordat mit dem Papst auch kirchlich abzusichern. Sein Gesprächspartner, der Staatssekretär von Papst Pius VII, Ercole Kardinal Consalvi, war wohl in einer schwachen Verhandlungsposition, erwies sich jedoch im Gespräch als so überlegen, nicht nur diplomatisch, sondern auch intellektuell, dass der Kaiser die Nerven verlor: „Ist es Ihnen klar, Eminence, dass ich imstande bin, Ihre Kirche zu zerstören?“ – „Sire“, antwortete Kardinal Consalvi, „nicht einmal wir Priester haben das in achtzehn Jahrhunderten fertiggebracht.“

(Hans Conrad Zander, Joachim, mir graut’s vor dir. Von der unwiderstehlichen Komik der Religion, Köln 2004, S. 150.)

Diagoras von Melos, Beiname „der Atheist“, lebte von ca. 475 bis 410 v.Chr. Er war ein griechischer Rhetoriker und Lyriker. Eines Tages kam er auf eine glorreiche Idee: Er warf ein hölzernes Bild eines Gottes ins Feuer und sagte, die Gottheit sollte sich doch durch ein Wunder selbst retten. – Doch Gott hat nicht mitgespielt. Was für Diagoras ein Beweis war: Gott gibt es nicht.

Sicher ist, dass Diagoras wegen Gottlosigkeit verurteilt worden ist. Er konnte entkommen und ist nach Korinth geflohen.

Das Motiv ist also schon alt, und die „Logik“ auch: Wenn Gott nicht tut, was ich ihm sage, kann es ihn nicht geben.

Auch über Jesus am Kreuz spotteten die Leute: „Andere hat er gerettet, sich selbst kann er nicht retten.“ (Mk 15,31).

Mitglieder der NSDAP stellten vor ihren Namen die Abkürzung „Pg.“ für „Parteigenosse“. Juden haben dies jedoch anders gelesen, nämlich als „‚Pege‘, was in der jüdischen Familiensprache ‚unangenehmer Kerl‘ bedeutete und auf ‚Pegra‘, ‚Pegera‘ verwies. Dieser Ausdruck gehört zu jiddisch ‚pega ra‘ = ‚böser Zufall‘ und stand bei deutschen Juden ebenfalls für ‚üble Person‘. Dass dies bereits 1930 im Jüdischen Lexikon zu lesen war, dürfte den Nazis entgangen sein.“

(Hans Peter Althaus, Chuzpe, Schmus & Tacheles, München 2015, 3. Auf., S. 23)

Mark Twain (1835 – 1910) erzählt:

„An einem Morgen predigte statt eines Pfarrers ein Missionar, der eine prachtvolle Stimme hatte. In ergreifender Schlichtheit erzählte er von den Leiden der Schwarzen und wie sie dringend Hilfe benötigten. Ich war so gerührt, dass ich statt der fünfzig Cent, die ich zu opfern gedachte, die Spende verdoppeln wollte. Die Schilderungen des Missionars wurden immer eindringlicher, und ich nahm mir vor, meine Gabe weiter zu steigern: auf zwei, drei Dollar, vier, fünf Dollar. Schließlich war ich fast dem Weinen nahe und fand, alles Geld, das ich bei mir hatte, reiche nicht, und ich müsse dem Redner einen ansehnlichen Scheck aushändigen.

Der Missionar aber redete und redete, und die Sache wurde mir allmählich langweilig. Immer mehr ließ ich die Idee mit dem Scheck fallen. Kleiner und kleiner wurde meine Spende. Der Missionar redete immer noch. Ich dachte: Ein Dollar genügt. Und der Missionar redete. Und als er fertig war, legte ich zehn Cents auf den Teller.“

Der weise und volkstümliche Dithmarscher Theologe Klaus Harms (1778 – 1855) ermahnte häufig die jungen Theologen dringend, sich gründlich auf ihre Predigten vorzubereiten. Sie dürften sich nicht darauf verlassen, dass ihnen andernfalls auf der Kanzel der Heilige Geist eingeben werde, was sie reden sollten. Er habe es auch einmal damit versucht. Auf der Kanzel aber habe ihm der Heilige Geist nichts anderes gesagt als: „Klaus, du bist faul gewesen.“

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Aufmerken ließ mich ein „Hinweis“ im Korrespondenzblatt des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins in der Evang.-Luth. Kirche in Bayern:

Die Bibliothek im Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in München löst ihren theologischen Zentralbestand auf. In diesem Zusammenhang bieten wir Ihnen an, bei Interesse Bücher aus diesem thematischen Bereich kostenlos zu übernehmen. …

Lese ich richtig? Die Kirche verabschiedet sich von der Theologie?? Mag das ein Symptom sein für eine Enttheologisierung der Kirche?? Das Landeskirchenamt als reine Verwaltungsbehörde!? Haben die Verwaltungsbeamten über die Theologie gesiegt??

11.05.2021
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Der englische Bischof Alfons Woodcliff reiste nach New York. Bei seiner Ankunft wurde er von einem Reporter eines Boulevardblattes provozierend gefragt, ob er auch die berühmten Nachtlokale besuchen würde.

Der Bischof war vor solchen Reportern schon gewarnt worden. Er antwortete vorsichtig: „Gibt es denn Nachtlokale in New York?“

Am Tag darauf musste er in der Zeitung die Schlagzeile lesen: „Erste Frage des Bischofs Woodcliff: Gibt es Nachtlokale in New York?“

Thomas von Aquin (1225 – 1274, Dominikaner, bedeutender Kirchenlehrer) sah bei einem Besuch des Papstes einige Goldmünzen auf dessen Tisch liegen. Der Papst folgte seinem Blick. „Du siehst“, sagte der Papst, „dass die Kirche nicht mehr in der Zeit lebt, wo sie sagte: ‚Ich habe weder Gold noch Silber‘.“ – „Das ist wohl wahr, Eure Heiligkeit“, antwortete Thomas, „aber ebenso wenig kann sie mehr zu dem Lahmen sagen: ‚Steh auf und geh umher!'“

Rudolf Bultmann war 1916 zum außerordentlichen Professor für Neues Testament nach Breslau berufen worden. Er war damals noch wenig bekannt, und so fragte  ihn der katholische Alttestamentler Johannes Nikel (1836-1924) auf dem gemeinsamen Heimweg höflich nach seinem Fach. „Ich bin Neutestamentler“, gab Bultmann zur Antwort. „Sie Glücklicher!“ erwiderte Nikel, der ruhig weiterging, und dann mit einem kleinen Seufzer: „- die paar Wunder!“

Anmerkung:
So klingt es, wenn Theologen über ihren Verstand stolpern …

Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876 – 1967) in einer Rede:

Wenn ich damals Papst gewesen wäre, wär dat mit der Reformation nich passiert, meine Herren. Ich hätt mir den Luther mal kommen lassen, dat war doch ne vernünftige Mann.

Bischof Wilhelm Stählin war von 1926 bis 1945 Professor in Münster und prüfte auch im theologischen Examen: „Nennen Sie mir irgendein Gleichnis Jesu“, fragte er den Kandidaten. Dieser war schon etwas verwirrt, die Prüfungsangst kam dazu, so fiel ihm nur ein einziges ein: „Das Gleichnis von den sieben fetten und sieben mageren Jungfrauen“.

[Zur Erläuterung: Im Alten Testament deutete Josef deutete einen Traum Pharaos, in dem sieben schöne, fette Kühe aus dem Nil stiegen, die im Gras weideten. Anschließend kamen auch noch sieben hässliche und magere Kühe. – Und im Neuen Testment gibt es ein Gleichnis, das Jesus erzählt hat: Das Reich Gottes gleicht zehn Jungfrauen, von denen fünf klug und fünf töricht waren. – Da ist natürlich schnell eine Verwechslung möglich …]. 

Als der Dichter, Philosoph und Theologe Johann Gottfried Herder (1744-1803) in seiner Zeit als Generalsuperintendent von Sachsen-Weimar 1778/79 zu einer Studienreise in Italien weilte, geriet er dort mit einem katholischen Geistlichen ins Gespräch. Der fragte: „Wie können Sie Ihre Herde so lange allein lassen?“ – Herder entgegnete: „Das hat nichts zu bedeuten. Bei uns in Deutschland ist längst die Stallfütterung eingeführt.“

Dietrich Buxtehude wurde 1668 im Alter von 31 Jahren Organist an der Marienkirche in Lübeck und blieb dort zu seinem Tod im Jahr 1707. Er war schon zu Lebzeiten weltberühmt und vielbewundert. Seine Orgelvorspiele waren genial. Seine Abendmusiken „Castrum Doloris“ machten Geschichte. Albert Schweitzer schreibt, dass Buxtehude „wohl als der eigentliche Schöpfer der deutschen Orgeltokkata gelten“ dürfte.

Johann Sebastian Bach hatte sich im Jahr 1705 – er war gerade 20 Jahre alt – von Arnstadt (Thüringen) aus zu Fuß auf den Weg gemacht, um vom großen Meister persönlich zu lernen. Es war immerhin ein Weg von mehr als 460 km, zu dem er zehn Tage brauchte. Eigentlich waren ihm nur vier Wochen „Bildungsurlaub“ gewährt worden. Doch er verlängerte ihn einfach um zwölf Wochen, so dass er am 21. Februar 1706 im Konsistorium von Arnstadt wegen seiner Urlaubsüberschreitung vernommen und gerügt wurde.

Wahrscheinlich hat sich Bach anfangs auch für die Nachfolge des in die Jahre gekommenen Organisten interessiert. Nach damaligem Brauch hätte er die Tochter des amtierenden Marienorganisten heiraten müssen, um dessen Nachfolge antreten zu können, doch Bach war damals bereits mit Maria Barbara verlobt. Buxtehude hatte sich an diesen Brauch gehalten: Er heiratete am 3. August 1668 die Tochter Anna Margaretha seines Vorgängers Franz Tunder in St. Marien in Lübeck. Georg Friedrich Händel und Johann Mattheson hatten die Stelle Buxtehudes ebenfalls ins Auge gefasst und waren deshalb nach Lübeck gereist – und hatten ihr Interesse verloren. Nachfolger von Buxtehude wurde schließlich Johann Christian Schieferdecker, der brav dessen Tochter Anna Margreta geheiratet hatte.

Jedenfalls erwarb sich Dietrich Buxtehude ein hohes Ansehen als Komponist und Organist weit über den norddeutschen Raum hinaus. Doch mit seinem Kirchenchor, den er leitete, war es nicht immer so einfach. Seinem angestauten Ärger machte er Luft, als er einmal den Auftrag erhielt, zu einem besonderen Fest eine Kantate zu schreiben. Der Text, den er dafür auswählte, begann mit den Worten: „Wir können nichts tun ohne die Gnade des Herrn.“ Da Buxtehude diesen Satz in einer Fuge verarbeitete, hörte die Festversammlung mit innerem Vergnügen, wie zuerst die Bässe bekannten: „Wir können nichts! Wir können nichts!“, dann die Tenöre zugaben: „Wir können nichts! Wir können nichts!“, und auch Alt und Sopran versicherten: „Wir können nichts! Wir können nichts!“ Als schließlich der gesamte Chor mit aller Inbrunst heraus schmetterte: „Wir können alle nichts! Wir können alle nichts!“, hatte jeder im Saal verstanden, wie das gemeint war.

Albrecht Alt (1883 – 1956) war Theologieprofessor für Altes Testament in Leipzig. Er berichtet in seinem Seminar (in der Hitler-Zeit) von der orientalischen Sitte, einem Zug von Kamelen einen Esel vorangehen zu lassen. Dessen etwas schnellerer Schritt hindert die Kamele, in einen allzu gemächlichen Trott zu fallen. Ein Student hat die Technik dieser Anordnung nicht ganz begriffen und fragt, ob jedem einzelnen Kamel ein Esel vorgespannt würde. „Nein“, antwortete Alt mit Entschiedenheit, „das hieße nun doch wirklich, das Führerprinzip auf die Spitze zu treiben“.

Am 6. November 1717 „ist der bisherige Concert-Meister und Hof-Organist, Bach, wegen seiner Halßstarrigen Bezeügung und zu erzwingenden dimission [Entlassung], auf der LandRichter-Stube arretiret [eingesperrt worden].“

Die Vorgeschichte: Fürst Leopold hat Johann Sebastian Bach am 5. August 1717 zum Hofkapellmeister und „Director unserer Cammer Music“ in Anhalt-Köthen ernannt. Bereits ab diesem Monat bekommt Bach schon Gehaltszahlungen. Jedoch steht er zu diesem Zeitpunkt noch im Dienst von Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar. Der Ton, in dem er von ihm die umgehende Entlassung fordert, missfällt dem Herzog so sehr, dass er ihn zum Abschied einsperren lässt. Bach hätte den Herzog um Erlaubnis bitten müssen, entlassen zu werden, bevor er einen neuen Vertrag unterschreibt. Bach hatte vielleicht aus Kränkung in Anhalt-Köthen zugesagt. Denn der Herzog von Weimar hatte Georg Philipp Telemann die Stelle als Kapellmeister angeboten und nicht Johann Sebastian Bach, obwohl er schon neun Jahre lang in Weimar unter Vertrag stand.

Vier Wochen lang sitzt Bach im Gefängnis. Er soll dort am „Wohltemperierten Klavier“ und am „Orgelbüchlein“ gearbeitet haben. Am 2. Dezember 1717 wird er aus der Haft und aus dem Dienstverhältnis in Ungnade entlassen.

Zu Weihnachten 1717 tritt Bach seine neue Stelle an. Zu seinem neuen Arbeitgeber, Leopold von Anhalt-Köthen entwickelt sich eine persönliche Freundschaft, die auch noch anhält, als er 1723 als Thomaskantor nach Leipzig wechselt. Jedes Jahr komponiert Bach zu seinem Geburtstag eine Festkantate für ihn.

Das Weihnachtslied „O Tannenbaum“ hat eine bewegte Geschichte. Die Melodie ist alt (ca. 16. Jahrhundert) und geht – wie viele Kirchenlieder – zurück auf ein weltliches Lied: „Es hing ein Stallknecht seinen Zaum“ oder „Es lebe hoch der Zimmermannsgeselle“. Sie wurde beim Studentenlied „Lauriger Horatius“ gesungen. Im 19. Jahrhundert war sie als schlesisches Volkslied verbreitet und als tragisches Liebeslied, in dem August Zarnack den beständigen Tannenbaum als Gegenbild zu einer untreuen Geliebten sah (2. Strophe: „O Mägdelein, o Mägdelein, wie falsch ist dein Gemüte“).

Ein Lied der Internationalen Arbeiterbewegung „Die Rote Fahne“ geht ebenso auf die Melodie von „O Tannenbaum“ wie die Hymne der US-amerikanischen Bundesstaaten Maryland („Maryland, My Maryland“), Florida, Michigan und Iowa. Auch das Nankai-Gymnasium mit Universität (Tianjin, VR China) verwenden diese Melodie, ebenso wie der englische Fußballverein FC Chelsea „We‘ll keep the blue flag flying high“. Auch auf Island existiert ein Schullied mit der Melodie von „O Tannenbaum“ („Í skólanum, í skólanum, er skemmtilegt að vera“).